Menschennah | Geschichten aus Bethel
Vertrauen, Vermitteln, Verändern
Um Punkt 9 Uhr bricht Leona Husemann aus ihrem Büro der Sozialberatung in der Viktoriastraße in Richtung Bielefelder Altstadt auf. Die 25-Jährige ist seit September 2023 als Streetworkerin in der Aufsuchenden Sozialberatung tätig. Mindestens einmal pro Woche dreht sie zu Fuß oder mit dem Rad ihre Runde vorbei an den bekannten „Hotspots“ und versucht, Suchterkrankte oder Obdachlose auf die Betheler Unterstützungsangebote hinzuweisen.
„Für mich ist es total interessant, nicht zu warten, bis die Menschen zu einem kommen, sondern sie vor Ort aufzusuchen“, erklärt Leona Husemann das sehr niedrigschwellige Konzept der Aufsuchenden Sozialberatung. Über Smalltalk versucht sie mit Wohnungslosen oder Abhängigkeitserkrankten über ihren Gesundheitszustand oder ihre Nöte zu reden. Mittlerweile hat die Berufsanfängerin zu vielen Personen ein Vertrauensverhältnis aufgebaut und weiß, wann und wo sie wen antrifft.
Aufmerksam wird Leona Husemann, wenn sie an Parkhäusern und Hinterhöfen von Supermärkten leere Bierflaschen, Matratzen oder Einkaufswagen mit Gepäck entdeckt – ein Indiz für neue Lager. Eine große Hilfe beim Aufsuchen der dazugehörigen Personen seien dann die Bürgerinnen und Bürger, die sich bei ihr oder der Stadt melden, weil sie sich Sorgen um die Personen machen. „Die Bielefelder Stadtgesellschaft ist da sehr sensibilisiert“, lobt die Streetworkerin.
Der nächste Schritt ist dann die Vermittlung zu einem Hilfsangebot. „Für mich ist es ein Erfolg, wenn ich für eine Person den Kontakt zu Hilfsangeboten wie der Kava herstellen kann.“ Wenn sie nicht wollen, stehe der eigene Wille der Personen für sie aber immer im Vordergrund: „Ich kann sie nur unterstützen.“
Ihre ausgeprägte soziale Ader und den großen Wunsch sozial Schwächeren zu helfen, hat Leona Husemann schon zu Schulzeiten entdeckt: „Mir war schon in der neunten Klasse klar, dass ich etwas Soziales machen möchte.“ Kurz vor dem Abitur wurde sie dadurch auf Bethel aufmerksam und machte im Anschluss ihr Betheljahr im Haus Phönix. Dort gefiel der 25-Jährigen die Arbeit mit abhängigkeitserkrankten Menschen so sehr, dass sie im Anschluss Soziale Arbeit an der Hochschule Bielefeld studiert hat. Währenddessen blieb sie dem Haus Phönix treu: „Ich fand es immer sehr sinnvoll, neben dem Studium schon zu arbeiten, weil man so Theorie und Praxis verknüpfen kann.“
Auch privat hat Leona Husemann immer ein offenes Ohr für ihre Mitmenschen: „Wenn meine Freunde Probleme haben, versuche ich immer, ihnen zu helfen“, sagt die Sozialarbeiterin. Den passenden Ausgleich zu ihrem psychisch fordernden Job findet Leona Husemann beim Malen oder Häkeln. „Da denke ich nicht nach und kann einfach abschalten.“ In dem knapp einem Jahr im neuen Job hat sie auch gelernt, Privates und Berufliches zu trennen. „Ich habe gelernt, nicht alle retten zu können. Mittlerweile kann ich mit den Schicksalen der Menschen besser umgehen. Und wenn mich etwas bedrückt, kann ich immer mit den Kolleginnen darüber reden.“
Text: Simon Steinberg | Bild: Matthias Cremer
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Leona Husemann arbeitet als Streetworkerin bei der Aufsuchenden Sozialberatung. Die Berufsanfängerin versucht Wohnungslosen und Abhängigkeitserkrankten auf den Bielefelder Straßen zu helfen. Ihre soziale Ader hat die 25-Jährige schon zu Schulzeiten entdeckt. Auch privat hat sie immer ein offenes Ohr für die Probleme ihrer Freunde.
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Sozialberatung - Hilfen für Menschen in besonderen Lebenslagen
Viktoriastraße 10
33602 Bielefeld
Angebote & Leistungen
Die Sozialberatung richtet sich an erwachsene Männer und Frauen, die von Wohnungsverlust bedroht sind, keine eigene Wohnung haben oder andere soziale Schwierigkeiten erleben. Es werden Information, Beratung, Unterstützung und Begleitung bei drohendem Wohnungsverlust, Wohnungslosigkeit und anderen sozialen Schwierigkeiten bereitgestellt. Die Beratung umfasst die Sicherung des Einkommens, die Durchsetzung von Leistungsansprüchen, Unterstützung bei Behördenangelegenheiten, Hilfe bei der Wohnungssuche und bei persönlichen Schwierigkeiten.