Pressemitteilung
Betheler Experte: Soziale Medien erst ab 16 Jahren erlauben
Verbot wie in Australien
Bielefeld-Bethel. Ein Verbot Sozialer Medien für Unter-16-Jährige wie in Australien könne auch in Deutschland hilfreich sein, sagt der Betheler Sucht-Experte Frank Gauls. „Das Internet erleichtert uns zwar das Leben, zugleich merken wir aber, dass die Nutzung gerade bei ungeschützten Kindern und Jugendlichen zu massiven Problemen führen kann“, sagt der Leiter der Ambulanten Suchthilfe Bethel. Allein mit einer gesetzlichen Neuregelung sei es allerdings nicht getan: Elternhäuser und Schulen müssten Kindern und Jugendlichen wirksamer als bislang Medienkompetenz vermitteln.
„Bei den schon lange bekannten Suchtmitteln wie Alkohol, Drogen und Glücksspiel verfügen wir über tradiertes Wissen und versuchen deshalb, unsere Kinder durch Regeln wie Verbote oder Altersbeschränkungen davon fernzuhalten“, sagt Frank Gauls und folgert: „Eine solche Haltung benötigen wir auch für internetbasierte Anwendungen wie das Gaming oder auch Soziale Medien.“
Die australische Regierung begründete ihre Gesetzesinitiative damit, dass eine übermäßige Nutzung von Plattformen wie TikTok, Instagram und Snapchat Risiken für die körperliche und geistige Gesundheit von Kindern berge. Frank Gauls teilt diese Einschätzung. Gefahren erkennt er aber nicht nur in einer übermäßigen Nutzung, sondern auch wegen nicht-altersgerechter Inhalte wie etwa Pornos. „Kinder und Jugendliche können mit vielem von dem, was sie in Sozialen Medien sehen, noch nicht umgehen. Deshalb müssen sie geschützt werden. Und dabei hilft seiner Meinung nach auch eine staatliche Regulierung“, betont der Betheler Experte und Autor des gerade erschienenen Buches „Verhaltenssüchte personzentriert verstehen und behandeln.“
Von einem grundsätzlichen Verbot Sozialer Medien hält Frank Gauls nichts. Dies sei weder realistisch noch wünschenswert, weil Facebook und Co. positive Aspekte wie den Kontakt zu anderen Menschen und den Austausch von Informationen beinhalteten. Kinder und Jugendliche müssten aber auch dann gut vorbereitet sein, wenn sie erst im Alter von 16 Jahren zu Nutzerinnen und Nutzern würden. Es sei Aufgabe der Eltern und der Schulen, den Nachwuchs für Chancen und Risiken zu sensibilisieren. Medienkompetenz könnten Erwachsene nicht zuletzt durch ihr eigenes Verhalten an ihre Kinder weitergeben, betont Frank Gauls: „Auch beim Umgang mit dem Handy und anderen Geräten haben Eltern eine Vorbildfunktion.“
Das weltweit einmalige Gesetz in Australien sieht vor, dass Social-Media-Unternehmen Unter-16-Jährige systematisch daran hindern müssen, sich auf ihren Plattformen zu registrieren. Die Betreiber der Netzwerke werden dazu verpflichtet, wirksame Altersprüfungen einzuführen. Sollten die Unternehmen das versäumen, können sie mit Geldstrafen von bis zu 50 Millionen australischen Dollar (rund 30 Millionen Euro) belegt werden. Die Plattformen haben nun ein Jahr Zeit, um das Verbot umzusetzen, bevor gegen sie Sanktionen verhängt werden.
Frank Gauls begrüßt es, die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen und empfindliche Strafen anzudrohen. Dasselbe sollte seiner Ansicht nach für Unternehmen gelten, die Online-Spiele mit sogenannten In-App-Käufen anbieten. Nicht nur für jugendliche Spieler bestehe hierbei höchstes Suchtpotenzial und daher die Gefahr, sich zu verschulden. „Es geht um notwendige Jugend- und Verbraucherschutzmaßnahmen“, erläutert er. „Anbieter werden da nicht selbst tätig, denn sie haben nur ein Interesse: Geld zu verdienen. In diesem Fall geht das aber zu Lasten von Menschen. Daran müssen Unternehmen gehindert werden.“
Eine repräsentative Onlineumfrage von YouGov zeigt: Eine große Mehrheit in Deutschland würde ein ähnliches Social-Media-Gesetz wie in Australien befürworten. 77 Prozent der knapp 2000 Befragten gaben an, ein solches Gesetz in Deutschland „voll und ganz“ oder „eher“ zu befürworten.
Bildzeile:
- Frank Gauls, Leiter der Ambulanten Suchthilfe Bethel, sieht Soziale Medien kritisch.
Foto: Christian Weische / v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
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