Pressemitteilung

Wie Kinder und Jugendliche mit digitalen Medien umgehen

Wissenschaftstransfer in die Praxis

Bielefeld-Bethel. Beim Fachtag zu App- und Digitalkompetenz-Projekten der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Evangelischen Klinikums Bethel (EvKB) wurde das bundesweit einzigartige Medienkonzept der Klinik vorgestellt. Weiteres Thema waren die Forschungsergebnisse der Entwicklung einer therapiebegleitenden App für Jugendliche.

Für Kinder und Jugendliche gehört die Nutzung von Smartphone, Tablet und Co. zu ihrem Alltag. „Ob und wie man Smartphone, Tablet oder Spielekonsole nutzen darf, gehört zu den häufigsten Fragen von Kindern und Eltern“, berichten Dr. Katharin Hermenau, Psychologin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie und Tim Emmrich, Leiter der Klinik, unisono.

Zu den Gefahren bei intensiver Mediennutzung gehörten digitale Gewalterfahrungen wie Cybermobbing oder Cybergrooming – also die Anbahnung sexueller Kontakte durch Erwachsene, die sich als Gleichaltrige ausgeben. Auch eine Radikalisierung oder die Entwicklung von Mediensucht zählten dazu. „Schädlicher Medienkonsum kann die Entwicklung einer psychischen Erkrankung beeinflussen oder selbst zu einer psychischen Belastung werden“, erklärt Dr. Katharin Hermenau. Mediensucht sei inzwischen eine eigenständige Diagnose. „Deshalb ist es wichtig, den Blick bei der Behandlung auch auf die Mediennutzung und dessen Rolle im Störungsbild der Patienten zu richten, weil sie die psychische Störung negativ beeinflussen kann“, ergänzt Psychologin und Referentin beim Fachtag Ira-Katharina Petras von der Universitätsklinik in Aachen.

Vor diesem Hintergrund forscht eine spezielle Arbeitsgruppe aus dem EvKB unter Leitung von Dr. Katharin Hermenau seit 2020 an Digitalkompetenzprojekten. Herzstück ist das bereits in die Praxis umgesetzte Medienkonzept der Klinik, das aus folgenden drei Bausteinen besteht: Medienleitbild der Klinik, Grundhaltung zu Medienkonsum, Schulungskonzept zur Verbesserung der Digitalkompetenz für Kinder, Jugendliche, Sorgeberechtigten und Mitarbeitende der Klinik.

Ebenfalls echte Pionierarbeit leistet die Arbeitsgruppe Klinische Psychologie aus dem EvKB in Zusammenarbeit mit circumradius, einem Entwickler von E-Mental-Health Programmen, bei der laufenden Programmierung der Therapie-App „Steps – mein Weg zum Ziel“. Dazu stellten Psychologin Sarah Wüllner und circumradius-Geschäftsführer Christoph Brosius erste Forschungsergebnisse vor. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob eine therapiebegleitende App für Jugendliche die Brücke zwischen stationärer und ambulanter Behandlung schlagen kann. Erläutert wurden erste Ergebnisse sowie Herausforderungen. Dazu gehörten unter anderem die technische Umsetzung, die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Corona-Pandemie mit ihren facettenreichen Auswirkungen. „Jede Erkenntnis bringt uns weiter. Wir möchten auch in Zukunft Vorreiter beim Thema digitale Medien bleiben“, fasst Katharin Hermenau zusammen.

Tipps für Eltern
„Eltern sollten sich dafür interessieren, was ihre Kinder in den digitalen Medien machen, sich damit beschäftigen und mit ihnen darüber sprechen“, sagt Ira-Katharina Petras. Bei der Frage, wie digitale Medien genutzt werden sollten, rät Sarah Wüllner Eltern dazu, mit ihren Kindern einen Mediennutzungsvertrag (mediennutzungsvertrag.de) zu vereinbaren, der auch Teil des Medienkonzeptes im EvKB (evkb.de/kjppmedienkonzept) ist.

Bildunterzeilen:

  • Foto 1: Forschen und entwickeln: Pia Flottmann (Wissenschaftliche Hilfskraft, EvKB), Dr. Katharin Hermenau, Christoph Brosius, Kathleen Meerkamp (Wissenschaftliche Mitarbeiterin, EvKB), Ira-Katharina Petras, Sarah Wüllner und Tim Emmrich (v. l.).
    Foto: Monika Dütmeyer
  • Foto 2: Kinder und Jugendliche brauchen klare Vorgaben zum Umgang mit den digitalen Medien
    Foto: Adobe Stock