Menschennah | Geschichten aus Bethel

Mehr als ein Hobby

„Big in Japan“ beschreibt das popkulturelle Phänomen, in der Ferne berühmter zu sein als in der Heimat. Das Sprachbild passt perfekt für Julian Maramieri: Die elektronische Musik, die der junge Mann in seinem Heimstudio produziert, findet in Belgien einen weitaus größeren Zuspruch als in seiner Heimatstadt Bielefeld.

Das findet Julian Maramieri überhaupt nicht verwunderlich: „Ich mache eben ‚New Beat‘.“ Und diese elektronische Musik war in den Neunzigern vor allem bei Deutschlands westlichen Nachbarn erfolgreich. Die Online-Plattform Soundcloud ist sein bevorzugter Ausspielungsort. Hier tummelt sich sein internationales Auditorium. So folgen in seiner persönlichen Fan-Rangliste die Niederlande ihren belgischen Nachbarn. Auch in den USA findet er viele Hörer. „Deutschland spielt da kaum eine Rolle“, hat der 30-Jährige beobachtet. 30.000 Menschen riefen bislang weltweit seine Songs ab, rund 600 Abonnenten verfolgen dauerhaft sein Schaffen. Starke Zahlen, auf die Julian Maramierie stolz ist.

Schon seit zehn Jahren veröffentlicht er alles, was in seinem Bielefelder Studio entsteht, in der riesigen Online-Audiothek. Und das ist nicht wenig: Mittlerweile hat er elf Singles und vier komplette Alben produziert. Und dennoch sind der Musik nur die Abendstunden vorbehalten. Tagsüber arbeitet Julian Maramierie in einer Werkstatt von Bethel proWerk auf dem Schillingshof. Hier ist er in der Produktion von Dosierpumpen im Einsatz. Eine Arbeit, die ihm gut gefällt: „Ich merke, dass ich gebraucht werde.“

Einen Salzstreuer verwandelte Julian Maramieri in ein Mikrofon.
Einen Salzstreuer verwandelte Julian Maramieri in ein Mikrofon.

Sein Aufnahmestudio hat Julian Maramieri über viele Jahre in einer Dachgeschoss-Wohnung aufgebaut. Vieles hier ist echte Handarbeit. „Ich bastele einfach gerne“, sagt er bescheiden. Das Talent dazu habe er möglicherweise von seinem Großvater geerbt, der handwerklich geschickt war. Oder, so mutmaßt er, es handele sich doch um eine jener Inselbegabungen, die auf seinen Autismus zurückzuführen sei. Wie dem auch sei: Beim kreativen Recycling entstehen in der Mansardenwohnung erstaunliche Dinge. So erhält ein Salzstreuer ein zweites Leben als Mikrofon. Sogar die Tische, auf denen Keyboard, Synthesizer, Sampler, DJ-Plattenspieler und vieles mehr thronen, konstruierte er selbst.

Klänge und kreative Audio-Bearbeitung faszinierten Julian Maramieri schon immer. Als 14-Jähriger entdeckte er ein Tonbandgerät auf dem Flohmarkt. Stolze 80 Euro wurden für das betagte Schätzchen aufgerufen. Der damals 14-Jährige schlug dennoch zu und nahm Hörspiele auf, die er sich selbst ausdachte. Drei Jahre wandte er sich der Musik zu, nahm Klavierunterricht und beschallte als DJ viele Veranstaltungen an seiner Schule, der Mamre-Patmos-Förderschule in Bielefeld-Bethel.

„Gefühle wie Trauer oder Wut kann ich über meine Musik gut ausdrücken“, sagt Julian Maramieri. Doch das ist oft harte Arbeit: „Für ein neues Stück brauche ich mindestens sechs Stunden. An einem kompletten Album arbeitet er volle zehn Monate. „Für mich ist das definitiv mehr als ein Hobby“, sagt er. Früher habe er wirklich jeden Tag produziert. „Mittlerweile ist das etwas weniger geworden.“ Das ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, das er seit Kurzem verheiratet ist. Zum Glück ist seine Frau Chiara, die er schon seit der gemeinsamen Schulzeit kennt, sein größter Fan.

 

Fotos: Thomas Richter | Text: Robert Burg

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Schon seit vielen Jahren macht Julian Maramieri gerne elektronische Musik. Seine Lieder veröffentlicht er im Internet. Auf der Seite Soundcloud hören Menschen aus der ganzen Welt seine Musik. Sein Tonstudio hat Julian Maramieri selbst aufgebaut.

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