Bethel im Nationalsozialismus

Gab es Verlegungen aus Bethel?

Groß-Bethel
Symbolbild: Groß-Bethel

Nach Beendigung der „Aktion T4“ im August 1941 wurden zahlreiche Menschen aus privaten Heilanstalten in staatliche Einrichtungen zurückbeordert. Von diesen Verlegungen war im November und Dezember 1941 auch Bethel betroffen.

Schon in den 1920er und 1930er Jahren waren Verlegungen zwischen Bethel und staatlichen Heilanstalten gängige Praxis. Denn die Auswahl des Behandlungsortes oblag dem jeweiligen Kostenträger, dieser hatte das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Die Entscheidung, an welchem Ort eine stationäre Behandlung stattfinden konnte, lag also nicht bei den Patienten und Patientinnen oder deren Familien. Hintergrund für die Verlegungen 1941 waren die leerstehenden Betten in den staatlichen Heilanstalten, erzeugt durch die Tötungen im Rahmen der „Aktion T4“, die nun wieder belegt werden sollten. Nahezu jede private Einrichtung war von den Verlegungsanforderungen durch staatliche Anstalten betroffen.

Auch die Verlegungen aus Bethel in die Provinzialheilanstalten Gütersloh und Lengerich fielen unter diese sogenannten „Sogverlegungen“. Der Betheler Anstaltsleiter Bodelschwingh hatte sich zwar dafür eingesetzt, dass die Patientinnen und Patienten in Bethel bleiben konnten, doch der Kostenträger entschied über die Verlegung von fast 100 Patientinnen und Patienten. Nach dem jetzigen Stand der historischen Forschungen ist bekannt, dass von den 46 nach Gütersloh verlegten Menschen 23 bis zum Ausgang des Krieges starben. Von den 48 Frauen und Männern, die nach Lengerich kamen, erlebten insgesamt 34 nicht das Kriegsende. Einige verstarben in den Provinzialheilanstalten, andere wurden ab Oktober 1943 in der zweiten Phase der „Euthanasie“ in sogenannte Tötungsanstalten wie Warta, Meseritz-Obrawalde und Gnesen verlegt.  

 

Literatur

Uwe Kaminsky, Paternalistische Verschwiegenheit. Bethel, die Zwangssterilisation und die NS-„Euthanasie“, in: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde, 89/2020, S. 69-87.