Menschennah | Geschichten aus Bethel

Bereichernde Tätigkeit in der Druckerei Wildau

Andrej Grünberg steht beinahe regungslos vor einer Druckmaschine. Was auf den ersten Blick nach Untätigkeit aussieht, ist in Wahrheit hochkonzentrierte Arbeit: Er lauscht dem ratternden Gerät, um sicherzugehen, dass es einwandfrei funktioniert. Andrej Grünberg dreht sich um, hebt einen Daumen und lächelt: alles in bester Ordnung. Der 59-Jährige ist in Wildau bei Berlin in der Beschäftigungstagesstätte (BTS) „Druckstift“ für Menschen mit psychischen Erkrankungen tätig. Betreiber ist die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal.

Andrej Grünberg ist ein sehr erfahrener Drucker. Er merkt schnell, wenn etwas anders läuft als geplant. Und zwar meistens mit seinen Ohren. „Ich kenne jedes Geräusch der Maschine, und wenn da etwas nicht passt, höre ich das“, sagt er. Sein Gehör und sein Wissen sind für die BTS von großer Bedeutung. Nicht nur, weil die kleine Druckerei so die von Kunden gewünschten Erzeugnisse produzieren und vertreiben kann. Sondern auch, weil es Andrej Grünberg möglich ist, parallel eine weitere Aufgabe zu erfüllen: Als Beschäftigungsassistent leitet er Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen im laufenden Druckbetrieb zu möglichen Tätigkeiten an.

Beispielsweise David Gründler. Der 34-Jährige beschäftigt sich gerade ein paar Schritte entfernt mit der Heftungsanlage. Diese zieht Papierbogen in A4-Größe von verschiedenen Stapeln ein und heftet sie in einer vorgegebenen Reihenfolge zusammen. Andrej Grünberg kommt jetzt zu ihm an die Maschine, schaut und hört, ob er zurechtkommt. David Gründler nickt – weiter geht’s.

Die BTS Wildau ist ein Angebot der sozialen Teilhabe für bis zu 20 Klientinnen und Klienten, die aufgrund ihrer Erkrankung noch nicht oder nicht mehr in der Lage sind, eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung zu besuchen. Sie haben die Möglichkeit, in der Druckerei mitzuwirken und beispielsweise beim Zuschnitt und beim Sortieren und Frankieren von Versandstücken zu helfen. Sie können im Kreativbereich Keramik- und Töpfereiarbeiten, Hand- und Näharbeiten oder Upcycling von Altkleidung machen und genauso in der Küche beim Zubereiten von Mahlzeiten mitwirken und hauswirtschaftliche Abläufe kennenlernen.

»Ich kenne jedes Geräusch der Maschine, und wenn da etwas nicht passt, höre ich das.«
Andrej Grünberg

Die Zusammenarbeit mit den Beschäftigten bereitet Andrej Grünberg Freude. Er erinnert sich an eine ehemalige Beschäftigte, die nach ihrer Zeit in der BTS eine Ausbildung zur Druckerin begann. „Sie kam später hier vorbei, bedankte sich und berichtete, dass sie in der Berufsschule nur Einsen bekomme, weil sie alles schon bei mir gelernt habe. Das war natürlich ein unheimlich schöner Moment“, erzählt Andrej Grünberg. Zugleich habe es ihm eine neue Perspektive eröffnet, auch von den Sorgen und Nöten von Menschen mit Beeinträchtigungen zu erfahren. So betrachtet er etwa Entscheidungen aus der Politik immer auch unter der Fragestellung, welche Auswirkungen diese auf Menschen mit Beeinträchtigungen haben. „Das finde ich bereichernd“, sagt Andrej Grünberg. Und verabschiedet sich. Er muss jetzt wieder der Druckmaschine zuhören.

 

Text: Philipp Kreutzer | Fotos: Frederic Schweizer

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Andrej Grünberg ist 59 Jahre alt und ein erfahrener Drucker. Er arbeitet in Bethels Beschäftigungstagesstätte „Druckstift“ in dem Ort Wildau bei Berlin. Dort sind Menschen mit psychischen Erkrankungen beschäftigt. Beispielsweise in der Druckerei. Oder in der Küche. Andrej Grünberg unterstützt sie bei ihren Tätigkeiten.

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