Menschennah | Geschichten aus Bethel
Traumjob in der Schäferei Bethel in Freistatt
Aufmerksam späht ein flauschiger, aber imposanter weißer „Brocken“ durch den Weidezaun. Wer nähert sich da seinem Territorium? Entwarnung: Es sind keine Eindringlinge, sondern Schäfer Klaus Menke und die Auszubildende Milena Gerken, die an diesem sonnigen Morgen durch das hohe Gras im Freistätter Moor stapfen. Freudig wedelt der Herdenschutzhund mit dem Schwanz.
Milena Gerken begrüßt den kräftigen Pyrenäenberghund mit einer ausgiebigen Streicheleinheit. Neugierig kommt Ziegenbock Fritz herbei und stupst die junge Frau an. Die Schafe blicken kurz auf und wenden sich dann wieder dem Gras zu. Im Sommer hat Milena Gerken ihre dreijährige Ausbildung zur Tierwirtin der Fachrichtung Schäferei in Freistatt begonnen. „Ich hatte zuvor schon eine Ausbildung und ein Studium ausprobiert, aber schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist“, erzählt die 24-Jährige. „Wir haben einige Anfragen von Abiturienten, die nicht bloß auf der Suche nach einem Job sind, sondern nach einem Lebenskonzept“, berichtet ihr Ausbilder Klaus Menke.
Für die Schäferei Freistatt sei Milena Gerken ein echter Glücksgriff, betont der Schäfer. Auch weil sie bereits Vorkenntnisse mitbringe. Seit zehn Jahren betreibt ihre Familie eine Hobby-Schäferei. „Es ist schon ein großer Unterschied, ob man das in der Freizeit macht oder als Job“, sagt sie. Ihre Eltern haben 80 Schafe. Die Schäferei Bethel versorgt in Freistatt 1.400 Moorschnucken und 100 Ziegen. Die Tiere werden zur Natur- und Landschaftspflege von insgesamt 1.400 Hektar Grünland- und Moorfläche eingesetzt. Sie fressen Gräser, Heidesträucher und Gehölze.
Die Ausbildung zur Tierwirtin ist vielseitig: Von Pflanzenkunde über Tierhaltung und Fütterung bis hin zu Anatomie und Tiergesundheit reichen die Lehrinhalte. Der Theorieunterricht findet in Blöcken in der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt statt. In Milena Gerkens Ausbildungsgang sind 17 Schülerinnen und Schüler fast aus dem ganzen Bundesgebiet. „Das ist nicht gerade viel. Auch wenn grundsätzlich Interesse für den Beruf da ist, haben wir erhebliche Nachwuchsprobleme“, sagt der Bethel-Schäfer.
Ganz gleich, ob Regen, Hitze oder Kälte – die Schäferinnen und Schäfer kümmern sich bei Wind und Wetter um ihre Herde. „Besonders die heißen Sommer sind körperlich belastend“, so Klaus Menke. Hitzefrei gebe es nicht. Auch bei 40 Grad müssen die Tiere versorgt, Weidezäune aufgestellt und Wasser bereitgestellt werden. Anstrengende Phasen gebe es aber auch im Winter mit der Schur und der Lämmersaison. Milena Gerken ist gespannt. „Ich kenne das bisher nur im kleinen Rahmen, aber es ist schon eine ganz andere Hausnummer, wenn an Spitzentagen bis zu 80 Schafe am Tag ihre Lämmer bekommen“, sagt die Auszubildende.
Im Frühling und Herbst wandern der Bethel-Schäfer und seine vier Kolleginnen mit getrennten Herden durch das Freistätter Moor. Sie werden von Hütehunden begleitet. In den warmen Monaten rückt die Herde von Tag zu Tag immer nur ein Stück weiter und wird eingezäunt – große Wanderungen wären für die Tiere mit der dichten Wolle zu beschwerlich. Für das Schäferei-Team bedeutet das, täglich Zäune auf- und abzubauen. Daneben fallen viele weitere Aufgaben an, dazu gehört unter anderem die regelmäßige Gesundheitskontrolle.
Milena Gerken hat in der Schäferei Freistatt ihren Traumjob gefunden. Die harte Arbeit macht ihr nichts aus. „Ich bin gerne in der Natur und ziehe viel Kraft daraus“, sagt die angehende Schäferin. „Auf der Weide zu stehen, umgeben von Tieren – das ist für mich der schönste Moment des Tages.“
Text: Christina Heitkämper | Fotos: Christian Weische
Diese Geschichte einfach gesprochen
Milena Gerken macht seit dem Sommer eine Ausbildung zur Tierwirtin in der Schäferei in Freistatt. Sie ist gerne in der Natur und genießt die Zeit mit den Tieren auf der Weide. Die Schafe und Ziegen fressen Gräser, Sträucher und Gehölze. Dadurch pflegen sie die Landschaft. Milena Gerken kümmert sich um die Herde.
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Naturschutz und Landschaftspflege
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Angebote & Leistungen
Für die Pflege der Naturschutzflächen im „Freistätter Moor“ und im „Nördlichen Wietingsmoor“ ist der Landschaftspflegebetrieb Freistatt zuständig. Eine Fläche von 1400 Hektar wird unter EU-Bio-Rahmenbedingungen bewirtschaftet. Die Schäferinnen und Schäfer sorgen mit ihren Tieren für die Pflege der Moor- und Grünlandflächen. Die jährliche Ernte von Heu und Silage sorgt für das wichtige Winterfutter der betriebseigenen Schafe und Ziegen.