Menschennah | Geschichten aus Bethel

Den richtigen Dreh zu finden ist nicht einfach

Gerne zieht sich Michael* unter eine kuschelige Decke zurück. Pausen mag er sehr. Und er braucht viele davon. Der 28-jährige Mann liegt am liebsten auf einer dicken blauen Matratze, neben sich ein rotes Plüschherz. Sein Gesicht ist meist bedeckt. Nur seine Zehen lugen noch hervor und wippen. Er bekommt genau mit, wer noch im Raum ist oder welche Musik im Radio gespielt wird. Das tut ihm gut. Die Teilnahme am Arbeits- und Förderangebot in der Werkstatt »Smyrna« für Menschen mit komplexen Behinderungen ist wichtig für Michaels Tagesstruktur.

Derzeit werden 28 Menschen mit Behinderungen in »Smyrna« gefördert. Alle haben große kognitive Einschränkungen. Einige auch eine Autismus-Spektrum-Störung mit selbst- oder fremdgefährdendem Verhalten. Für sie sind Rückzugsmöglichkeiten unverzichtbar. »Wir müssen hier stets individuell auf die Leute eingehen. Jeder Tag ist anders und bei der Arbeit feinfühlig zu sein extrem wichtig«, erzählt Einrichtungsleiter Yannik Ströer. Gemeinsam mit seinem Kollegen, dem Heilerziehungspfleger Joscha Kiolbassa, betreut er heute drei Männer in einem Raum.

Michael beginnt dort nach der Pause mit einem Training, das seine Feinmotorik und Wahrnehmung schult. Er versucht, Schraubenmuttern zu sortieren. Dann dreht er sie auf unterschiedlich dicke Holzstäbe. Sich zu konzentrieren fällt ihm schwer. Er wiegt sich hin und her. Auch sein Kopf und sein Blick sind voller Unruhe. Alle paar Sekunden kneift er die Augen zu und überstreckt den Nacken. Wenn er gut gelaunt ist, fragt er mit einem Lächeln: »Kneifen?« Und wenn sein Gegenüber nickt, zwickt er vorsichtig in dessen Arm. Das ist seine Art der Kontaktaufnahme. Doch Michael kann auch sprechen. Er ist damit einer der wenigen in der Werkstatt mitten in der Ortschaft Bethel.

Ein anderer junger Mann dreht seine Runden im Raum. Dann bleibt er stehen. Lacht laut und hüpft auf und ab. Yannik Ströer versucht, ihn zu beruhigen, denn in dem alten Gebäude hallt es sehr, und schnell kann die Stimmung kippen. Es gibt zu wenig Räume, in denen Menschen einfach nur allein entspannen könnten. Und auch die sanitären Anlagen entsprechen nicht mehr hinreichend dem steigenden Pflegebedarf der Menschen mit komplexen Behinderungen. Deswegen wird die Werkstatt komplett saniert und umgestaltet. Auch das Außengelände wird neu angelegt, damit Menschen wie Michael ihre Pausen im Grünen genießen können.

Text: Heike Lepkojis | Bild: Matthias Cremer

*Nachname auf Wunsch nicht genannt

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Michael* arbeitet in Bethels Werkstatt Smyrna. Sich zu konzentrieren fällt ihm schwer. Und er braucht viele Pausen. In Smyrna sortiert er Schraubenmuttern und dreht sie auf unterschiedlich dicke Holzstäbe. Das trainiert seine Feinmotorik und Wahrnehmung.

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Arbeits- und Förderangebot Smyrna
Karl-Siebold-Weg 50
33617 Bielefeld                                        

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In den Werkstätten für behinderte Menschen von proWerk können Menschen mit Behinderung oder psychischer Beeinrächtigung am beruflichen Alltag teilhaben. Sie arbeiten hier in dem Bereich, der ihren Fähigkeiten, Wünschen und Interessen entspricht. Innerhalb der Werkstatt reicht das Arbeitsspektrum von einfachen Tätigkeiten bis zu sehr anspruchsvollen Aufgaben, wie die Einrichtung und Bedienung von Maschinen.

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