Menschennah | Geschichten aus Bethel
Hedwig Esders hat die Fäden in der Hand
Mit konzentriertem Blick verfolgt Hedwig Esders die Stiche der Nähmaschine. In der Nähwerkstatt des Tagesgestaltenden Angebotes Tagwerk in Bielefeld-Bethel fertigt sie bunte Handytaschen aus Stoff. „Einige davon habe ich selbst entworfen“, sagt sie. Denn ein Händchen hat die 62-Jährige nicht nur im Umgang mit Nadel und Faden, sondern auch für gelungenes Design. „Ich schaue, was mir gut gefällt – und überlege immer auch, was bei anderen gut ankommen könnte.“
An vier Tagen in der Woche ist Hedwig Esders im Tagwerk tätig. Neben der Nähwerkstatt gehören auch eine Holz- und eine Malwerkstatt zu den Angeboten. Rund 20 Klientinnen und Klienten besuchen das Tagwerk regelmäßig. „Ich bin gerne hier“, sagt Hedwig Esders, die schon seit mehr als zehn Jahren ins Tagwerk kommt. „Dass ich morgens das Haus verlasse und an etwas arbeiten kann, ist mir wichtig.“ Als gelernte Schneiderin ist sie in der Nähwerkstatt in ihrem Element. „1975 habe ich meine Lehre absolviert“, berichtet sie. Wegen einer Epilepsie konnte sie ihren Beruf nicht mehr ausüben.
„Ich muss immer etwas tun und kann nicht gut stillsitzen“, sagt Hedwig Esders. Langweilig wird es ihr nicht; oft bringt sie eigene Vorschläge für neue Artikel mit, denen sie an der Nähmaschine mit Geduld und handwerklichem Geschick Gestalt verleiht. Stulpen, Kissenbezüge, Taschen, Beutel, Rucksäcke, Schlüsselbänder und Gürtel gehören zu ihrem Repertoire – und immer wieder kommen neue Dinge hinzu. „Anregungen hole ich mir aus dem Internet. Ich schaue zum Beispiel bei YouTube oder Pinterest und halte Ausschau nach neuen Ideen.“ Dabei sei zum Beispiel ein Rucksack nicht grundsätzlich schwerer herzustellen als eine Handyhülle – „es sind nur mehr Arbeitsschritte.“
Keine fünf Minuten sind vergangen, da sind sämtliche Nähte für die Handyhülle gesetzt. „Das war’s schon.“ Hedwig Esders blickt zufrieden auf das Ergebnis. „Ich nähe meine Sachen gerne vom Anfang bis zum Ende selbst. Manche mögen es lieber, wenn sie wie am Fließband immer nur den gleichen einen Arbeitsschritt erledigen, aber das ist nichts für mich.“
Die Stoffe, die in der Nähwerkstatt verarbeitet werden, stammen aus Spenden. Auch Firmen, etwa ein Markisenhersteller, der Reststücke beisteuert, machen mit. Die Produkte aus den verschiedenen Bereichen des Tagesgestaltenden Angebots werden in einem eigenen kleinen Laden direkt im Tagwerk, aber auch auf Handwerks- und Weihnachtsmärkten verkauft. „Und die Sachen kommen gut an“, betont Hedwig Esders. „Das ist auch für mich und meine Arbeit eine schöne Wertschätzung.“
Text: Marten Siegmann | Fotos: Thomas Richter
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Hedwig Esders kommt schon seit vielen Jahren in Bethels Tagwerk. Das ist ein Tagesgestaltendes Angebot. Wegen einer Epilepsie kann die Schneiderin nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten. Im Tagwerk näht sie zum Beispiel Taschen, Rucksäcke oder Schlüsselanhänger. Das gefällt Hedwig Esders gut. Sie kann viele eigene Ideen umsetzen.
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Das Angebot richtet sich an Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, Suchterkrankungen oder Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten. Ziel ist es, die Fähigkeiten zur Alltagsbewältigung und Gestaltung der persönlichen sozialen Situation zu stabilisieren und zu verbessern, Leistungseinschränkungen zu kompensieren und Belastungen durch das soziale Umfeld zu vermindern.