Jutta Ehlers sitzt vor einem Buntglasfenster und gestikuliert. Im Vordergrund sieht man einen jungen Mann, der in ihre Richtung schaut.

Menschennah | Geschichten aus Bethel

„Ich finde es wichtig, Vorurteile abzubauen“

Nicht über, sondern mit den Menschen reden – dafür setzt sich Jutta Ehlers ein. Seit mehr als 40 Jahren nutzt sie verschiedene Betheler Unterstützungsangebote. Und für Bethels integrative Öffentlichkeitsarbeit berichtet sie vor Besuchergruppen, die sich über Bethel informieren, regelmäßig aus ihrem Leben.

„Ich bin nach Bethel gekommen, weil ich schlimme epileptische Anfälle hatte und dadurch ziemlich eingeschränkt war“, sagt Jutta Ehlers. Die ersten Anfälle kamen in der Pubertät. 1984 – im Alter von 24 Jahren, kam Jutta Ehlers nach Bethel. Sie wurde in einem stationären Wohnangebot in der Ortschaft aufgenommen. Eine Zeit, die sie gut in Erinnerung hat: „Wir durften unheimlich viel. Uns wurde immer mit auf den Weg gegeben, dass wir ungeachtet der Erkrankung ein eigenes Leben leben sollen.“

Und das tat und tut Jutta Ehlers – damals wie heute. Ihren Tag gestaltet sie eigenständig und selbstbestimmt. Am Vormittag arbeitet sie in Bethels Holzwerkstatt Kracks: Ölen, schleifen, leimen – die abwechslungsreiche Arbeit mit den verschiedenen Produkten gefällt ihr. „Ich fand schon immer gut, dass in Bethel jeder arbeiten kann“, sagt sie. Eine Tagesstruktur zu haben sei wichtig. „Ich komme dann gegen 14 Uhr von der Arbeit und mache, was so anliegt.“ Einkaufen, sich im Presbyterium der Zionsgemeinde oder dem politischen Stammtisch einbringen. „Ich finde es wichtig, dass Menschen mit Behinderungen mitreden“, betont Jutta Ehlers. „Ich bin gerne dabei und möchte wissen, worum es gerade so geht.“

Jutta Ehlers
»Hier kann ich sein, wie ich bin«
Jutta Ehlers

Wissen, worum es geht – das wollen auch viele Schülerinnen und Schüler, Konfirmandinnen und Konfirmanden, die nach Bielefeld kommen, um sich über Bethels Arbeit zu informieren. „Früher haben sich die Gruppen, die herkamen, gefragt, wo eigentlich die Mauern sind, die Bethel eingrenzen“, erinnert sich Jutta Ehlers. Dass sich diese Wahrnehmung über die Jahre geändert hat, ist auch ihr Verdienst. „Ich möchte den Leuten mit auf den Weg geben, wie ich meine bisherige Zeit hier in Bethel erlebt habe“, sagt sie.

Jutta Ehlers sitzt vor einem Buntglasfenster und redet. Man sieht im Vordergrund zwei Hinterköpfe von jungen Menschen, die ihr zugewandt sitzen und zuhören.

Da wäre zum Beispiel das Wohnen. Mittlerweile hat Jutta Ehlers in mehreren verschiedenen stationären Angeboten gelebt. „Man muss keine eigene Wohnung haben, um selbstständig zu sein“, so Jutta Ehlers. „Dort, wo ich wohne, versuche ich, möglichst viel allein zu machen. Dennoch bekomme ich die Unterstützung, die ich haben will. Und ich weiß, dass im Zweifelsfall immer jemand im Hintergrund wäre, der mir helfen kann.“ Für sie ein beruhigendes Gefühl. Und dennoch hat sie die Freiheiten, die sie sich wünscht.

„Außerdem finde ich es wichtig, zu sagen, dass ich immer freiwillig in Bethel war. Weil ich das Gefühl hatte, hier mit meiner Epilepsie akzeptiert zu sein“, betont Jutta Ehlers. „Hier kann ich sein, wie ich bin und mich weiterentwickeln.“ Oft hätten die jungen Menschen, die Bethel besuchen, bislang kaum Berührungspunkte mit Menschen mit Behinderungen gehabt. Das möchte Jutta Ehlers ändern. „Ich finde es wichtig, Vorurteile abzubauen“, sagt sie in Hinblick auf ihr Engagement in der integrativen Öffentlichkeitsarbeit. „Und ich mache das sehr gerne.“

Text: Marten Siegmann | Fotos: Matthias Cremer

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Jutta Ehlers lebt seit mehr als 40 Jahren in Bethel. Sie kam im Alter von 25 Jahren wegen einer Epilepsie. Seitdem hat sie in verschiedenen Betheler Häusern gewohnt. Heute erzählt sie Besuchergruppen, die sich über Bethel informieren wollen, aus ihrem Leben. Sie möchte helfen, Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen auszuräumen.

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