Menschennah | Geschichten aus Bethel
Durch ein Projekt wieder mitten im Leben
Und plötzlich ging nichts mehr: Ein persönliches Ereignis hat Christian Reiß aus der Bahn geworfen. Mit 32 Jahren erkrankte er so schwer an Schizophrenie, dass er in ein stationäres Angebot von Bethel.regional einziehen musste. „Alles begann im Jahr 2012, in dem ich psychisch erkrankte,“ erzählt der heute 42-jährige Dortmunder. „Ich habe durch meine Krankheit zunächst meine Arbeit und dann meine Familie verloren. Ich bin in ein tiefes Loch gefallen." Zwar hatte er Hilfe durch einen Therapeuten, aber das reichte nicht. "Ich konnte nicht mehr alleine in meiner Wohnung leben, ich habe keinen Ausweg gesehen. Wenn man so eine Erkrankung hat, benötigt man Unterstützung.“
Unterstützung erhielt Christian Reiß zunächst in ambulanter Form . Zudem bekam er einen rechtlichen Betreuer. „Eine Sozialarbeiterin hat mir dann, als gar nichts mehr alleine ging, mehrere stationäre Wohnangebote für Menschen mit psychischen Krankheiten gezeigt. Besonders gut hat mir das Haus Echeloh von Bethel.regional in Dortmund gefallen. Ich dachte, das könnte passen", blickt Christian Reiß zurück. An die Anfangszeit im Haus Echeloh hat der gelernte „Fachinformationstechnische Assistent“ keine Erinnerung mehr, außer, dass die Mitarbeitenden sehr freundlich waren und auf Augenhöhe mit ihm kommunizierten. „Ich fühlte mich sicher, hatte aber eine große Perspektivlosigkeit und starke Ängste.“
Durch die Tagesgestaltenden Angebote, besonders durch die Internetgruppe, die von der heutigen Leiterin des PIKSL Labors Dortmund, Andrea Gerards, betreut wurde, bekam sein Leben eine Wendung. „Ich habe zwar oft während des Angebots geschlafen, auch bedingt durch die Medikamente, aber Andrea Gerards hat mich immer wieder motiviert,“ erzählt der Dortmunder. Auch Andrea Gerards erinnert sich noch gut an die Anfangszeit: „Als ich Christian kennenlernte war er sehr introvertiert und war im Grunde nur froh, wenn ein Angebot zu Ende ging. Aus Gesprächen mit anderen Teilnehmenden erkannte ich sein Potential und befürchtete, dass er sich nur langweilt. Schnell konnten wir eine gute Beziehung aufbauen und als ich ihm das PIKSL-Projekt vorgestellt habe, sagte er direkt zu, daran mitwirken zu wollen.“
Der Schlüsselmoment für eine Gesamtverbesserung seines gesundheitlichen Zustands war die Gründung des PIKSL Labors Dortmund im Juni 2019. „Ich nahm an Workshops teil, die in die PIKSL Mentalität einführten. Es herrschte Aufbruchsstimmung. Ich dachte, das könnte etwas Größeres werden,“ berichtet Christian Reiß. So hat der technikinteressierte Mann den Aufbau des PIKSL Labors mitbegleitet und unterstützt. Er konnte zunächst seinen Interessen entsprechend in dem Projekt „PIKSL“ ehrenamtlich mitwirken. Das Projektteam ist inklusiv, ohne Hierarchien.
Andrea Gerard ist stolz auf die positive Entwicklung: „Vor Eröffnung unterstützte er mich aufgrund seines großen Know-hows bei allen Einkäufen unserer Hardware. Christian wurde immer offener und übernahm im späteren Verlauf eigenständig Themenbereiche wie Virtual Reality sowie Film- und Fotoproduktionen. Er ist nahezu unverzichtbar für das PIKSL Labor geworden.“ Hier konnte er seine Stärken entfalten. „Es ist ein sehr schönes Arbeiten, seitdem fühle ich mich vollständig stabilisiert und bin wieder belastbar“, erzählt Reiß. Vor einem Jahr nahm er eine geringfügige Beschäftigung im PIKSL Labor Dortmund auf. Die ambulante Betreuung fiel zeitgleich weg.
Heute steht Christian Reiß wieder mitten im Leben, auch die rechtliche Betreuung wurde mittlerweile aufgehoben: „Es geht mir besser als vor der Erkrankung. Ich bin glücklich im Job, im Leben - mit allem.“
Text: Tanja Lenz-Urbach | Fotos: Frank Linke, Helen Rademakers, Gregor Thomas
Diese Geschichte einfach gesprochen
Christian Reiß erkrankte an einer Schizophrenie. Durch seine psychische Erkrankung verlor er seine Arbeit und seine Familie. Er zog in eine Bethel-Einrichtung. Dort lernte er das Projekt "PIKSL" kennen. Diese Projekt unterstützt Menschen mit Einschränkungen beim Umgang mit neuen Medien. Christian Reiß wirkt dort aktiv mit. Seitdem geht es ihm gut.
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PIKSL bedeutet "Personenzentrierte Interaktion und Kommunikation für mehr Selbstbestimmung im Leben". PIKSL Labore sind offene Orte, an denen Menschen mit und ohne Behinderungen soziale und technische Innovationen entwickeln. Die Labore bieten jedem die Möglichkeit neue Medien auszuprobieren. Von den ersten Schritten im Internet bis hin zur selbständigen Gestaltung von Medienprodukten.