Menschennah | Geschichten aus Bethel
Harmonische Männer-WG mit Hund
„Mensch, komm doch für immer!“ Diesen Satz einer Nachbarin nahm Ralf Knorr (r.) mit, als er sich nach einem zweiwöchigen Probewohnen von Markus Prummer verabschiedete. Der Satz wirkte bei ihm genauso nach wie die gute Zeit in dem Einfamilienhaus in Bielefeld-Stieghorst. Bald stand für Ralf Knorr fest: Bei Markus Prummer würde er gern dauerhaft leben und heimisch werden. Mittlerweile bilden die beiden seit knapp zwei Jahren eine Wohngemeinschaft. Begleitet werden sie durch Bethels Betreutes Wohnen in Familien (BWF), das Menschen mit einer psychischen Erkrankung, geistigen Behinderung oder einer Suchterkrankung in Gastfamilien vermittelt.
Ralf Knorr hat Verluste von ihm nahestehenden Menschen und Unfälle psychisch nicht gut verkraftet. Der 64-Jährige lernte aber immer besser damit zu leben. Er sagt: „Es muss bei einem selbst Klick machen: Ich brauche Hilfe, ich will Hilfe. Dann kriege ich auch Hilfe.“ Ralf Knorr hat für sich herausgefunden: Als Familiengast in einer Gastfamilie zu leben, so wie es das BWF ermöglicht, ist für ihn das ideale Modell. Bei Markus Prummer hat er ein schönes, 25 Quadratmeter großes Zimmer, in dem sich Bett, Schreibtisch und Kleiderschrank befinden. Bad, Küche und Wohnzimmer teilen sich die beiden.
Klar geregelt ist auch die Aufgabenverteilung. Während Markus Prummer arbeitet, kümmert sich Ralf Knorr um Haushalt, Garten und Hund Paul. „Das mache ich alles freiwillig“, betont er. Markus Prummer kauft ein und kocht für die beiden. Streit habe es noch nie gegeben, erzählen sie. Vielmehr hätten sie viel Spaß miteinander und könnten gemeinsam lachen. Humor verbindet eben. So sehr, dass sie schon zusammen in den Urlaub gefahren sind.
Markus Prummer arbeitete viele Jahre als Produktmanager in der Textilbranche. Inzwischen ist er als Betreuer in einem Seniorenzentrum tätig. Andere Menschen zu unterstützen ist zu einem zentralen, sinnstiftenden Thema seines Lebens geworden. Als er auf das Angebot des BWF aufmerksam wurde, zögerte Markus Prummer nicht lange. „Ich kann Ralf eine soziale Struktur, Halt und Sicherheit geben, ohne ihm etwas überzustülpen“, sagt er, „das ist einfach eine gute Sache.“ Praktische Unterstützung gibt er seinem Mitbewohner beispielsweise, wenn er versucht, für ihn Behördenbriefe in verständliches Deutsch zu übersetzen. Vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe erhält Markus Prummer ein steuerfreies Betreuungsgeld, außerdem von Ralf Knorr eine Miete sowie eine Pauschale für den Lebensunterhalt.
„Ralf Knorr und Markus Prummer sind ein Paradebeispiel für das, was wir erreichen möchten“, sagt Karina Kuhlo. Die BWF-Sozialpädagogin begleitet die beiden. Die Aufgabe des Fachdienstes besteht darin, Menschen mit Einschränkungen Teilhabe an einem familiären Alltag, Unterstützung und ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Nach einer Vermittlung besuchen Mitarbeitende des BWF Familien in Abständen von drei bis vier Wochen, um zu erfahren, ob das erhoffte Miteinander gelingt. „In manchen Familien gibt es auch Konflikte“, erzählt Karina Kuhlo, „dann bieten wir uns für eine Moderation an.“ Über fachliche Kompetenzen müssten Gastfamilien nicht verfügen, betont sie. Und Klientinnen und Klienten müssten keine Angst haben, ihren bisherigen Wohnraum zu verlieren, wenn sie sich nach einem Probewohnen doch nicht für einen Umzug in eine Gastfamilie entscheiden.
Ralf Knorr ist froh, sich für den Umzug zu Markus Prummer entschieden zu haben. Eine zeitliche Befristung gibt es nicht. Er möchte bleiben, denn: „Ich habe hier ein Zuhause gefunden.“
Text und Fotos: Phlipp Kreutzer
Diese Geschichte einfach gesprochen
Bethels Programm „Betreutes Wohnen in Familien“ unterstützt Menschen mit psychischen oder geistigen Beeinträchtigungen dabei, wenn sie in Gastfamilien wohnen möchten. So war es auch bei Ralf Knorr, der seit zwei Jahren bei Markus Prummer lebt. Ralf hat ein eigenes Zimmer und hilft im Haushalt, während Markus arbeitet. Beide verstehen sich gut.
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Kontakt
Bethel.regional
Betreutes Wohnen in Familien
Herbergsweg 10
33617 Bielefeld
Angebote & Leistungen
Das Betreute Wohnen in Familien (BWF) vermittelt und begleitet Menschen mit einer psychischen Erkrankung, geistigen Behinderung oder einer Suchterkrankung in Gastfamilien. Voraussetzung für eine Vermittlung ist der Wunsch nach einer individuellen, familienbezogenen Unterstützung. Familiengast und Gastfamilie werden regelmäßig durch das BWF-Fachteam besucht, beraten und unterstützt.